Solarziegel – die Zukunft?
Solarziegel – die Zukunft? Solardachziegel sind Dachziegel und Photovoltaikanlage in einem. Wenn Sie mit einem Energiedach eigenen Ökostrom produzieren wollen, ohne dass sich die Gebäudeoptik durch die Solarmodule wesentlich ändert, entscheiden Sie sich für diese besondere Art von Dachpfannen. Der Vorteil: Solarziegel sind optisch kaum von herkömmlichen Dachziegeln zu unterscheiden und fügen sich somit perfekt ins Gesamtbild des Dachs.
Erfahren Sie im Folgenden mehr über die neue Art der Dacheindeckung mit Solarziegeln, Vorteile, Nachteile und über die Kosten und Förderungsmöglichkeiten.
Allgemeines zu Solardachziegeln
In Solarziegeln sind klassische Optik und modernste Technik vereint. Sie sind eine spezielle Art der Indach-Photovoltaik-Anlagen (Indach-PV). Der wesentlichste Unterschied zur klassischen Variante ist die Tatsache, dass die einzelnen Solarmodule deutlich kleiner sind.
Während Indach-Solarmodule häufig Kantenlängen von mehr als 1 Meter haben, orientieren sich Solarziegel für gewöhnlich am Standardmass für Systemziegel. Zudem erinnern sie optisch viel mehr an gewöhnliche Dachziegel oder Dachschindeln. In vielen Fällen müssen Sie schon sehr genau hinschauen, um überhaupt wahrzunehmen, dass es sich um eine Photovoltaikanlage handelt. Der Markt für Solardachziegel ist übersichtlich.
Prinzipiell gibt es aber für nahezu jede Art von Dacheindeckung ein Solarziegel-Pendant. Zum einen Modelle, bei denen das Solarmodul in einen keramischen, terracottafarbenen Dachziegel integriert ist. Zum anderen gibt es auch Dachschindeln in Biberschwanz-Form oder andere Bauformen, die Sie teils sehr individuell gestalten können. So haben Sie bei einigen Modellen eine nahezu freie Farbwahl und können sogar Oberflächenbeschaffenheiten bestimmen.
Verlegung von Solardachziegeln
Solardachziegel werden wie klassische Tondachziegel auf einer herkömmlichen Traglattung aus Holz aufgesetzt und prinzipiell genauso verlegt. Weil einige Hersteller Solarziegel speziell nach Vorgabe bzw. Originalmuster anfertigen, können Sie auch neue Solardachziegel im Verbund mit bereits vorhandenen Dachziegeln einbauen.
So eignen sich die kleinen Solarmodule für Dachsanierung und Neubau gleichermassen. Einen Unterschied zur herkömmlichen Dacheindeckung gibt es bei der Installation: Die einzelnen Solardachsteine müssen über Kabel-Steckverbindungen miteinander verbunden werden.
Weil sie im Niederspannungsbereich arbeiten, bereitet die Verkabelung aber weder bei der Verlegung noch in Sachen Feuergefahr Probleme. Einige Hersteller geben an, dass die Arbeitsabläufe zur Verlegung von Solarziegeln jedem Dachdecker geläufig sind und der Anschluss an Wechselrichter und Stromnetz auch nach der Dacheindeckung durch einen Elektriker erfolgen kann.
Solarziegel im Vergleich
Im Vergleich mit anderen Dach-Solaranlagen gibt eine Eindeckung mit Solarziegeln das mit Abstand harmonischste Gesamtbild ab. Durch die vergleichsweisen kleinen Module kann die Solarziegel-Anlage sehr gut an verwinkelte Teile des Dachs angepasst werden.
Auch ein Vergleich untereinander ist bei einer Vielzahl von unterschiedlichen Arten von Solarziegeln sinnvoll. Bevor man sich für ein Produkt entscheidet, sollte man überlegen, welche Varianten für das eigene Energiedach überhaupt in Frage kommen. Am Markt sind vor allem drei Arten erhältlich:
- Klassische Dachziegel-Optik (wellenförmig oder flach)
- Klassische Dachschindel-Optik (z. B. Biberschwanz)
- Andere flache Bauformen, die modular verlegt werden können
Anlagen-Art Benötigte Fläche
Aufdach-/Indach-Anlage 60 m²
Solarfassade 100 m²
Solarziegel 111 m²
Neben der bereits erwähnten elektrischen Nennleistung gibt es einige weitere Aspekte, die für Sie wichtig sind, wenn Sie Ihr Dach mit Solarziegeln eindecken wollen. Da wäre zum Beispiel die Lebensdauer. Pauschal lässt sich diese schwer in Zahlen darstellen, doch Solarziegel-Hersteller geben meist Garantien für ihre Produkte. Dies sind mindestens 20 Jahre für die Stromerzeugung (80 % Leistung nach 20 Jahren Betriebszeit) und mindestens 30 Jahre für die Witterungsbeständigkeit.
Solarziegel-Eigenschaft Details
Stromerzeugung mind. 80% Leistung nach 20 Jahren
Witterungsbeständigkeit > 30 Jahre
Lebensdauer > 40 Jahre
Hagelwiderstand mind. Hagelschutzklasse 3
Betriebstemperatur -40 bis +85 C°
Quelle: Durchschnittswerte aus den Produkt-Datenblättern verschiedener Solarziegel-Hersteller
Ein weiterer wichtiger Faktor, der wiederum die Lebensdauer beeinflusst, ist die Robustheit. Insbesondere durch die Verwendung von hochgehärtetem Spezialglas erreichen marktübliche Solardachziegel-Modelle meist die höchste Hagelschutzklasse 4. Das heißt, sie halten Hagelkörnern mit einem Durchmesser bis 40 mm bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 23 m/s (etwa 83 km/h) stand.
Zum Vergleich: Viele Standard-Aufdach-Solarmodule verfügen über die Hagelschutzklasse 3, womit sie lediglich Hagelkörnern bis 30 mm Durchmesser bei derselben Aufprallgeschwindigkeit standhalten.
IEC-Zertifizierung als Qualitätsmerkmal
Als Qualitätsmerkmal sollten Sie bei Solardachziegeln immer darauf achten, dass sie nach IEC 61215-Norm zertifiziert worden sind. Die IEC (Internationale Elektrotechnische Kommission) mit Sitz in Genf hat im Rahmen dieser Zulassungen verschiedene Mindeststandards festgelegt, die von den Solardachziegeln erfüllt werden müssen.
IEC-Norm Schwerpunkt
IEC 61215 Alterung von kristallinen PV-Modulen, Qualifikationstests u. a. auf UV-Beständigkeit, Klima (Kälte, Wärme, Feuchtigkeit, Klimawechsel) und mechanische Belastung (Hagel, Windsog, Schnee)
IEC 61646 Alterung von Dünnschicht-Modulen, Qualifikationstests wie IEC 61215
IEC 61730 Konstruktionsmerkmale von PV-Modulen, z. B. Abstände leitender Teile zum Modulrand, Wandstärken, Schutzklasse nach Systemspannung, Brandschutz, Qualifikation u. a. durch Stossspannungstest, Feuertest, Kabelverrohrungs-Biegeprüfung
Design-Aspekte
Die Individualisierbarkeit ist ein besonders großer Vorteil der Solardachziegel. Bei nahezu allen Varianten ist neben der Wahl einer Form und Größe auch die Wahl einer Farbe möglich, sodass Sie Ihr Hausdach unter bestmöglichen optischen Ansprüchen gestalten und gleichzeitig eine Solaranlage betreiben können.
Eigenschaften, die Sie bestimmen können, sind beispielsweise:
- Form (Sie wählen aus einer vordefinierten Form von Dachziegel oder Schindel oder lassen den Hersteller Solarziegel nach einem gewünschten Muster fertigen)
- Farbe (Sie wählen eine beliebige Farbe aus der RAL-Farbpalette aus)
- Größe (Sie bestimmen die Größe der einzelnen Dachziegel)
Darüber hinaus gibt es weitere Eigenschaften, die Sie nach Ihrem Geschmack umsetzen lassen können. Es gibt beispielsweise Solardachschindeln mit Blattgold oder in Moos-Optik. Auch die Oberflächenbeschaffenheit ist individuell, so sind etwa Schiefer- oder Holzoptiken möglich. Für die der Sonne abgewandte Dachfläche bieten die Hersteller sogenannte Blindmodule oder passive Schindeln an. Diese orientieren sich optisch an den PV-Dachziegeln, sind aber praktisch funktionslos.
Vorteile und Nachteile von Solarziegeln
Ihre Vorteile können Solarziegel vor allem bei denkmalgeschützten Gebäuden ausspielen, wo es besonders auf die Gebäudeoptik ankommt. Oft ist die Verwendung von Solardachziegeln auch die einzige Chance, eine PV-Anlage nach den Auflagen des Denkmalschutzes genehmigt zu bekommen.
Davon abgesehen eignen sich Solarziegel sehr gut für die Eindeckung kleinteiliger, verwinkelter Dachkonstruktionen. Sie können vergleichsweise einfach um Dachfenster, Schornsteine und Lukarne herum installiert werden. So umgehen Sie ein unansehnliches Flickwerk aus deutlich größeren Standard-Modulen, dass sich optisch wenig ins Gesamtbild Ihres Hausdachs einfügt. Trotz ihrer Vorteile sind Solarziegel allerdings noch nicht am Markt etabliert.
Vorteile
- Optisch am besten integrierbar
- Besonders sinnvoll bei Denkmalschutz-Auflagen
- Sehr hohe Individualisierbarkeit (Farbe und sogar Form)
- Eindeckung kleinteilig verwinkelter Dachflächen vergleichsweise einfach
Nachteile
- Hohe Kosten
- Vergleichsweise niedriger Flächenertrag
Kosten und Förderung
Die Kosten für Solardachziegel variieren sehr stark von Produkt zu Produkt. Einen bestimmten Richtpreis für Solardachziegel in der Schweiz zu ermitteln, gestaltet sich deshalb schwierig. Im folgenden Abschnitt handelt es sich daher um ungefähre Annäherungswerte.
In ihrem «Status Report Building Integrated Photovoltaics» nimmt die spezialisierte Fachhochschule «University of Applied Sciences and Arts of Southern Switzerland (SUPSI)» einen Materialpreis für Solardachziegel von EUR 200 bis 400 pro m² an. Umgerechnet sind das etwa CHF 225 bis 450. Dieser Kostenbereich deckt sich mit den Angeboten der bekannten schweizerischen Hersteller.
Beispiel:
Für eine Solaranlage mit einer Leistung von 10 kWp benötigen Sie Solarziegel auf 111 m². Es ergeben sich also Materialkosten von rund CHF 25’000 bis 50’000. Zum Vergleich: Bei einer 10-kWp-Indach-Anlage mit 60 m² Modulfläche entstehen Materialkosten von knapp CHF 20’000. Die Module für eine 10-kWp-Aufdach-Anlage (die als bewährte Standardlösung gilt) kosten wiederum nur knapp CHF 12’000.
Wie bei allen übrigen Photovoltaik-Anlagen rechnet sich auch der Betrieb von Solardachziegeln mit zunehmendem Eigenverbrauchsanteil mehr: Unter anderem besteht die Möglichkeit der Gründung einer Eigenverbrauchsgemeinschaft. Weitere Varianten zur Eigenverbrauchsoptimierung.
Aufpreis für besonderes Design
Die obige Beispielrechnung bezieht sich auf Standard-Solarziegel, die meist in Terracotta-Farben geliefert werden. Bei nahezu allen Anbietern können Sie jedoch die Optik bzw. Färbung von Grundmaterial und Modul selbst bestimmen und meist aus einer RAL-Farbpalette wählen.
Insbesondere für exklusivere Designwünsche müssen Sie allerdings mit Aufpreisen rechnen. Für grossflächigere PV-Dachziegel, die nicht geschwungen, sondern glatt sind und so auch an der Fassade angebracht werden können, steht die Möglichkeit eines vierfarbigen Digitaldrucks zur Verfügung, sodass Sie Ihr persönliches Fotomotiv auf einen Layer des PV-Moduls drucken lassen können. So etwas kostet etwa CHF 60 mehr pro m², eine Mattierung des oberen Glases etwa CHF 50 mehr.
Fördermöglichkeiten für Solarziegel
Ein Dachsystem, das aus Solarziegeln besteht, gilt als Photovoltaik-Anlage und wird in der Schweiz entsprechend gefördert. Im Rahmen einer Einmalvergütung (EIV) können Sie beispielsweise für eine 10-kWp-Solaranlage schweizweit mit einer Unterstützung von CHF 4’800 rechnen.
Bekannte Hersteller und Produkte
Die Verbreitung von Solardachziegeln ist noch sehr gering. Neben mehreren Solarziegel-Herstellern aus der Schweiz gibt es weitere vor allem im benachbarten Deutschland. Deshalb sollte man sich nicht nur einen Marktüberblick in der Schweiz verschaffen, sondern auch auf internationaler Ebene, ehe man sich entscheidet.
- Autarq Prenzlau (DE
- Gasser Ceramic Rapperswil
- Gielleplast Thermoplastic Moulding Pancalieri (IT)
- Hanergy Thin Film Power Hongkong (China)
- Megasol Deitingen
- Solteq Oberlangen (DE)
- Solteq Oberlangen (DE)
- Tesla Palo Alto (USA)
Tesla Solar Roof
Das vor allem durch seine Elektroautos bekannte amerikanische Unternehmen Tesla hat bereits 2017 seine «Tesla Solar Roof»-Produktreihe angekündigt und vorab Aufträge entgegengenommen. Stand Oktober 2018 war die Serienproduktion allerdings noch immer nicht angelaufen. Firmenchef Elon Musk begründete die Verzögerung damit, dass die Lebensdauertests länger dauern als erwartet.
Ende 2019 wurde eine neue Generation von Photovoltaik-Ziegeln eingeführt, deren Markteinführung als Solar Roof in Europa und China zwar für 2020 geplant war, bisher jedoch ausblieb. Die «Tesla Solar Roof Tiles» sollen in vier verschiedenen Varianten angeboten werden: Glatt, Strukturiert, Toskana-Stil und Schiefer-Optik. Die Besonderheit: Die Solarzellen sind jeweils nicht zu erkennen und damit optisch absolut identisch zu den herkömmlichen Dachsteinen.
Momentan (Januar 2022) können Sie sich lediglich auf der Tesla Website anmelden, um über weitere Informationen zur Veröffentlichung des Tesla Solar Roof benachrichtigt zu werden. Allerdings steht jedoch noch immer nicht fest, wann genau Sie mit der Lieferung der Tesla-Solarziegel rechnen können.
Empfehlung von Energieheld
Mit Solardachziegeln erreichen Sie eine perfekte optische Integration Ihrer Photovoltaikanlage in das Gebäudebild. Solarmodule, die innerhalb des Dachbereichs noch weniger auffallen gibt es praktisch nicht. Sie haben zudem die Möglichkeit einer sehr hohen Individualisierung, da die Auswahl sehr gross ist. Solardachziegel können speziell auf Ihren Geschmack und Ihre optischen Anforderungen angepasst werden.
Diese optische Ideallösung hat allerdings ihren Preis. Pro Quadratmeter Dacheindeckung werden Materialkosten in Höhe von durchschnittlich rund CHF 340 für Standard-Module fällig. Für individuelle Gestaltungen müssen Sie Aufpreise zahlen. Und: Für dieselbe Leistung (10 kWp) der Solaranlage benötigen Sie mit 111 m² fast doppelt so viel Dachfläche wie bei der Verwendung von Standard-Indachmodulen.
Da die Preistendenz im Bereich Photovoltaik allgemein fällt, könnten Solarziegel in Zukunft erschwinglicher werden – und damit beliebter. Die Technik jedenfalls ist zukunftsfähig, auch wenn aktuell die Preise für Solarziegel auf einem Niveau liegen, bei dem sich viele Hausbesitzer eher für eine andere Lösung entscheiden. Wenn es Ihnen darauf ankommt, Ihre Photovoltaikanlage möglichst harmonisch ins Gebäudebild zu integrieren, kann bis dahin auch eine Solarfassade eine gute – günstigere – Alternative zu Solardachziegeln sein.
Dokument als PDF-Download: Solarziegel – die Dacheindeckung der Zukunft
Weitere Informationen: Energieheld
Weitere Ratgeber und Tipps finden Sie hier.
Quelle: www.energieheld.ch
Bildnachweise: © Timothy Artman, Tesla Inc., © Solteq, © Solteq, © Solteq, © Elionas / pixabay.com CC0, © Solteq, © detailblick-foto / fotolia.com, © 3S Solar Plus, © Robert Kneschke / fotolia.com, © Natee Meepian / fotolia.com