Zinsentwicklung - auf diese Faktoren müssen Sie achten

Zinsentwicklung – auf diese Faktoren müssen Sie achten

Wohin bewegen sich die Zinsen? Wir erklären, anhand welcher Punkte sich die Entwicklung abschätzen lässt.

«Des einen Leid ist des anderen Freud» gilt ganz besonders für die Zinsen. Denn tiefe Zinsen sind für Kontosparerinnen und -sparer ein Nachteil, während sie Hypothekarnehmerinnen und -nehmer beglücken. In den letzten 40 Jahren konnten Letztere aufatmen. Die Zinsen sind schrittweise gesunken und verharren aktuell auf niedrigem Niveau. Doch wie lange noch?

Das hängt von der gesamtwirtschaftlichen «Grosswetterlage» in der Welt ab – und diese ist höchst komplex. Wir greifen die wichtigsten Grössen auf, welche Immobilienbesitzerinnen und -besitzer im Auge behalten sollten. Außerdem erklären wir, weshalb es sinnvoll ist – trotz Grundkenntnissen dieser Faktoren – fundierte Analysen von Finanzinstituten beizuziehen.

Leitzins – der Taktgeber

Die Schweizerische Nationalbank legt den Leitzins fest. Dieser gibt die Marschrichtung vor. Alle Finanzinstitute, die Zinssätze anwenden, orientieren sich daran – auch wenn die Hypothekarzinsen zusätzlich von weiteren, individuellen Einflüssen abhängen.

Bei ihrer Zinspolitik verfolgt die Schweizerische Nationalbank zwei klare Ziele, die in der Schweizer Bundesverfassung festgeschrieben sind: Erstens muss die Nationalbank für stabile Preise sorgen. Zweitens soll sie die Wirtschaftslage berücksichtigen.

Doch was bedeutet eigentlich «Zins»? Ganz einfach: der Preis für das Geld, das man sich ausleiht. Setzt die Nationalbank die Leitzinsen tief, ist es günstig, sich zu verschulden. Damit kann «billiges» Geld in die Wirtschaft fließen, was diese tendenziell ankurbelt. Hebt die Nationalbank die Zinsen an, verteuert sich das Geld. Das kann die Konjunktur bremsen.

Inflation – eine Warnlampe

Um den Leitzins festzulegen, beobachtet die Schweizerische Nationalbank die Teuerung, sprich die Inflation. Hierzu veröffentlicht das Bundesamt für Statistik regelmäßig die Inflationsraten. Diese reflektieren, wie sich die Preise verschiedener Güter und Dienstleistungen in einem Warenkorb entwickeln – beispielsweise Lebensmittel, Kleider, Wohnungsmiete, Verkehr, Freizeitaktivitäten und vieles mehr.
Das Wort Inflation stammt vom lateinischen «inflare» und bedeutet «aufblähen». Eine Inflation ist somit eine aufgeblähte Geldmenge, die zu steigenden Preisen und somit zu einem Kaufkraftverlust führen kann. Befürchtet die Nationalbank ein Hochschnellen der Inflationszahlen, hebt sie die Zinsen an. Damit wird es attraktiver, Geld auf die Seite zu legen, statt es auszugeben. Das sollte die Teuerung stoppen.

Konjunktur – im Auge behalten

Kommt die Wirtschaft so richtig in Fahrt, wächst die Nachfrage nach Kapital. Gemäß Lehrbuch lässt das den Preis dafür steigen, also die Zinsen. Aus diesem Grund sollte, wer Zinsprognosen erstellen will, unbedingt der Konjunktur den Puls fühlen.

Viel beachtete Frühindikatoren sind sogenannte Einkaufsmanagerindizes. Sie signalisieren, ob die Einkaufsmanager der Industrie zuversichtlich in die Zukunft blicken – oder eben nicht. Besonders viel Beachtung erhält jeweils der Einkaufsmanagerindex in den USA. Denn die USA gehören zu den Konjunkturlokomotiven der Welt. Die Faustregel für Zinsprognosen lautet: Solange dieser Wirtschaftsmotor nicht auf Hochtouren läuft oder gar stottert, halten die Notenbanken die Zinsen tief.

Markterwartungen – was denken die anderen?

Was die Marktteilnehmenden nicht mögen: Überraschungen. Schließlich hat jede Zinsänderung das Potenzial, eine Finanzierungs- oder Anlagestrategie zu torpedieren. Deshalb versuchen Notenbanken in der Regel, die Erwartungen der Marktteilnehmenden zu erfüllen. Sie kommunizieren sehr langfristig und vermeiden abrupte Kehrtwenden. Sinkende Zinsen werden in Wirtschaftskreisen meist gerne gesehen, für Zinsanstiege gilt das Gegenteil. Anstiege verteuern das Geld – und schmälern die Lust von Unternehmen, Investitionen zu tätigen.

Notenbankenpolitik – die USA als «Leithammel»

Die Schweizerische Nationalbank behält das Verhalten der anderen Zentralbanken, vor allem der amerikanischen und der europäischen, stets im Auge. In der Regel folgt sie deren Verhalten. Denn verfolgen die großen Wirtschaftsräume eine Politik des «billigen» Geldes mit tiefen Zinsen, will die Schweiz keinen Alleingang mit steigenden Zinsen wagen. Dies würde den Franken, bei internationalen Anlegerinnen und Anlegern ohnehin als sicherer Hafen beliebt, zusätzlich verteuern. Das wiederum würde den Schweizer Exporteuren das Leben erschweren, weil ihre Produkte noch teurer würden.

Zinskurve – ein einfaches Instrument

Je nach der Laufdauer eines Kredits fällt ein anderer Zins an. Je länger man jemandem Geld ausleiht, desto höher wird der Zinssatz ausfallen – so die allgemeine Annahme. Denn mit der Laufzeit erhöht sich das Kreditrisiko. Reiht man Zinssätze nach ihrer Fristigkeit aneinander, entsteht eine Zinskurve. Normalerweise dreht sich diese Kurve nach oben. Das heißt, dass die kurzfristigen Zinsen unter den langfristigen Zinsen liegen.

Interessant ist, dass die Zinskurve selbst einiges über die Zinsentwicklung preisgibt: Eine steile Kurve verrät, dass die Marktteilnehmenden steigende Zinsen erwarten. Eine flache Kurve deutet auf einen Seitwärtstrend hin. Und wenn die Zinsen für lange Laufzeiten unter den kurzfristigen Zinsen liegen? Dann ist die Rede von einer inversen Zinsstruktur. Sie deutet auf eher fallende Zinsen hin.

Der Blick fürs Ganze

Um eine aussagekräftige Zinsprognose zu erstellen, ist letztlich das Gesamtbild entscheidend. Researchteams von Banken untersuchen dazu unzählige Marktdaten und gelangen mittels ausführlicher Analysen und Modellen zu aussagekräftigen Einschätzungen. Es lohnt sich also, nicht nur die einzelnen Faktoren zu kennen und zu verfolgen, sondern sich auch regelmäßig anhand der Einschätzungen von Banken und anderen Finanzplayern zu informieren.

Dokument als PDF-Download: Zinsentwicklung auf diese Faktoren achten

Quelle: UBS Magazin

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